Letzter Schrei

Cooles Pennen, kaltes Scannen,

– trage Masken anstatt Mut,

jeder wird Dich fix erkennen

im Gesichtsbuch – flach und gut.

Komm, wir chillen heut auf Pillen,

treten nochmal nach mit Spikes,

wir sind hipp und fahl im Willen

und kassieren ein paar Likes.

Nächtlich kommen sie Dich holen

und sie zielen per Gewehr

plötzlich aus den Spielkonsolen,

Du – ihr Opfer – bist längst leer.

© sonja schmidt

Mangomann

Allerschönster Mangomann,

formatvollendete Gestalt,

lieb mich von Ferne dann und wann

ich lieb Dich wieder alsobald.

Lass die Beuteleute hetzen

lass sie quasseln, bis die Strippe glüht

von Meetings zu Terminen wetzen

- was schert’s ein weltenbummelndes Gemüt.

Lass Dein kluges Herz verstehn

wenn meine scheue Seele stottert

lass uns fast bis Polen gehn

Du in edel, ich verlottert.

Lass uns in dicke Decken kuscheln

die Wolken statt die Zeitung lesen

behutsam Dir das Haar verwuscheln

ein gar gekrümmtes gerade legen.

Wenn sich zur Nacht der Mond anbahnt

still mich an Deiner Brust,

ich hab mein Sehnen nicht geahnt,

Du hast’s vielleicht gewusst.

© sonja schmidt

Mondnacht

Ich will Dein Herz nicht haben

noch gäb ich meines fort

würd mit Dir durch das Mondlicht traben

zu keinem festen Ort.

Würd fragen, lauschen, laufen,

parlieren und kapieren –

niemals klagen, notfalls saufen

und zauberte mit scheuem Blick,

fernab von Sünders schamvollem Gewimmel,

zwei stille Sterne an den Abendhimmel.

Würd weit bevor die lauten Leute lärmen

den frostgen Leib an heißem Kaffee wärmen

und schlöss’ im Frühtau – klüger als zuvor,

alleine mit dem Mond mein hölzern Wohnungstor.

© sonja schmidt

Sailor

Segle seidig zu mir her

lass passieren, was passiert

richtungslos wohl hin zum Meer

wühlen, fühlen, was berührt.

Lass mich blindlings zu Dir fließen

schlafend fast, in sachtem Takt

lass uns selbst ins Wasser gießen

Haut ans Herz und hungrig, nackt.

Sei mein balsahelles Floß

lass uns tragen von den Wogen

schneckenzart und nass und bloß

wie Delphine, glatt, gebogen.

Gleite still in tiefe Schichten

bis der Rest der Welt sich löst

sich auch letzte Anker lichten

schaukelnd, schlummernd, eingedöst.

(c) sonja schmidt

Schattenjagd

Immer nur so in Gedanken

ist auf lange Sicht auch doof.

Mit Dir würd ich mich glatt betanken

notfalls auch beim Schwof.

Würd niemals Karaoke singen,

die Hüften zwischen Hühnern schwingen,

dann schon lieber Cocktails schlürfen,

von upside-down Gesprächsstoff schürfen,

Du Komplement zu meinem Beuteschema,

- das bleibt ein völlig anderes Thema.

Erst, wenn wir fertig sind mit fragen

würd ich Dich durch die Gassen jagen

angeschiggert um die Häuser laufen,

meinetwegen weiter saufen,

im Hinterhof verstecken spielen,

klammheimlich hinter Fenster schielen.

Hub nur der erste Vogel an zu singen

würd ich Dich hübsch nach Hause bringen,

und wünschte Dir im Morgengraun,

natürlich diesseitig vom Gartenzaun,

just, wenn das Himmelsrot erwacht,

ne schöne, gute Nacht.

© sonja schmidt

Schneckenliebe

Lass uns fließen wie die Schnecken

aus dem Häuschen, ohne Hürde

sacht mit Küssen uns bedecken

inniglich, in tiefer Würde.

Lass mich samtig zu Dir krabbeln

unbemerkt von Deinen Wänden

schwelgen, schweigen, suchen, sabbeln

über Lippen, unter Händen.

Fühlerzögernd tasten wir

zaudernd mal im Herz, im Bauch

tangoschlurfend dort und hier

fern verbunden - das geht auch.

Unter Klippen spann ich Dir

fein gewebt und federweich

für den freien Fall zu mir

aus Präsenz ein Himmelreich.

© sonja schmidt

Schwarzer Jaguar

Samtschwarzer Kater, samt schwarzer Pranken,

ach, wären nicht nur Phantasien frei,

ließ ich mich hin, weitab von Vorgedanken,

bald ohne Wehr und mit viel Weh dabei.

Ach, sturer Streunerer, grazil und windgeschwind,

wär ich für einen Tag Dir schutzbefohlen,

wär ich für diesen Tag Dein bibbernd Findelkind,

erfroren, hungrig, mit verbrannten Sohlen.

Verheizt, todmüde, voller Tränen,

würd ich mich tief ins Fell Dir wühlen,

an Deiner Brust mich bang behütet wähnen

mit jedem Atemzug mich sachte sichrer fühlen

und endlich schlafen, wunderbar,

als zarte Löwin eingerollt

im starken Arm vom schwarzen Jaguar,

was andres hab ich lange nicht gewollt.

© sonja schmidt

Tauwetter

Tauwetter endlich,

die Frostwacht gibt auf,

leuchte mir, wenn ich

ins Licht zurück lauf.

Leb Deine Welt,

- ich bleibe hier

weiß nun was zählt

und gehe mit mir.

Ich bitt Dich, blick milde

vom obren Gefilde,

freundlich hernieder auf mich

wusst lang nicht, was fehlte,

mit Wahnsinn mich quälte,

in Wirklichkeit suchte ich mich.

Tauwetter endlich,

der Himmel bricht auf,

leuchte mir, wenn ich

ins Licht zurück lauf.

© sonja schmidt