abends

Schlag mir Dein Herz auf, wie ein Buch

erzähl von Deinen Träumen

verrat ich Dir, wonach ich such,

wohl unter blauen Bäumen.

Lass Deinen Atem hautwärts wehn

lass unsere Hände seidig spielen

lass andere nach Hause gehn

lass uns am Abend kühlen.

Lies still und sorgsam meine Angst

behüte meinen Kern

ich wein mit Dir um alles, was Du bangst,

wohl bis zum nächsten Stern.

Nimm die bedingungslose Bitte

vom wilden, scheuen Reh,

bleib tief und zart in Deiner Güte

und tu mir niemals weh.

© sonja schmidt

Alpha Romeo

Ich trage Dich auf Händen durch die Welt,

in meiner Seele immerzu,

so lang Du magst, so lang es mir gefällt,

Herzbube, As, mein König Du.

Falls je Dein Himmel düster ist,

Du matt und müde hältst ein Schläfchen,

wenn Du gar trüb und traurig bist,

teil ich das schwarze Wolkenschaf – in lauter weiße Schäfchen.

Du dürftest still in meinen Armen liegen,

wie der, der frisch geboren wär

behutsam Dich noch näher schmiegen,

ach, trink mich aus, ja, trink mich leer.

Für uns ist Alltag nicht bestellt,

kein Platz in DIN- auf Normpapier,

und deshalb, ja, das schwör ich Dir,

trag ich im Herzen Dich – auf Händen durch die Welt.

© sonja schmidt

Animal Farm

Berlin, ach, ruppiger Moloch

so schnell und grell und grölig

man hört hier nur die Hälfte noch

der Straßenfilm ist ölig.

Es steppt der Bär und tobt der Trend

man ist ganz hip und in und cool

wem andres fehlt das letzte Hemd

der Joint ist heiß, der Barmann schwul.

Und während krass die Party steigt

voll nutzlosem Geschwafel,

das Bückstück seinen Pelz vorzeigt

schleppt sich ein Kind zur Tafel.

Was Warmes gab es lang nicht mehr

und gäbe es nen Bücherschrank

wär dieser gleich dem Kühlschrank leer

uns geht es gut – ein Kind ist krank.

Das kranke Kind lebt in Marzahn

hart ist das Brot und schal das Bier

doch nach Marzahn da kräht kein Hahn

denn in Marzahn regiert Hartz 4.

Am Kollwitzplatz blüht Dekadenz

aus Bugaboo und Latte

und das in steigender Tendenz

dank Vatis fetter Patte.

Du nennst nicht die Karossen Hohn

in Mitte von der Lobby,

in Kreuzberg wohnt ein neuer Sohn

der Williams – vorne Robbie.

Das ZDF bringt schönen Schein

- ermittelt dort nicht Berkel?

vom Kanzleramt tritt mich ein Schwein

und freundlich winkt ein Ferkel.

© sonja schmidt

Baum

Alter Junge, Traum, Begleiter,

Vater, Freund und Wegbereiter,


Wie klug Du bist und wirklich und beständig,

Formvollendet – farbenfroh – lebendig.

So unbeweglich stark – und weich im Tanz

Aus tausend Fetzen machst Du meine Seele ganz.

Wenn ich Dich sehe, wird mein irres Sehnen still

Und hab ich mich verloren, find ich Dich, weil ich mich will.

Kennst menschendumme Einsamkeit

- Du holst mich heim in Deinem Kleid,

Das weich ist, wild und jung und zart,

Dein Kern ist Zauber – Deine Schale hart.

Verlass mich nie, denn ohne Dich bin ich verloren

Und hab ich keine Eltern mehr, so bin ich nah bei Dir geboren.

Alter Junge, Wegbegleiter, Traum,

Treuer Freund, liebster Baum.

© sonja schmidt

Bundestags-Uschi

Gleich stillen Wassern, die ja tief sind

und meistens dreckig noch dazu

spielen Minister schief das Stiefkind –

als zahmer Pitbull – blinde Kuh.

 

Im Club erwählter Bonzengören

zwingt man ganz andere nach unten

von fairer Chance will man nichts hören,

und fehlt im Bettlerblatt – anstatt der >Bunten<.

Im Hundspalast mit großer Kuppel

stolziert man wohlgenährt zum Pult

und schleudert abwärts harte Knüppel

– erklärt die Chancengleichheit so erfüllt!

Im Hundspalais verbaler Knüppel

tummeln sich flotte Phrasenflöter

und eine schafft die meisten Krüppel

– die Chance zerscheppert – unten. Klöter.

Dabei macht Uschi flott auf Biene

und zeigt ganz Deutschland, wie man bleibt

als hoch umjubelte Gebärmaschine

die die Bevölkerung nach oben treibt.

Von Uschi kannst auch Du was lernen

ihr Duktus klingt nach 5-fach Professur

wie sie sie liebt, die Armen und die Fernen

auf Gruppenfotos, in Zynismus pur.

Denn kaum eröffnet abermals die Arche

aufgrund der Not, die Uschi erst gemacht

rührt sie im Suppentopf schamlos die Lache

für’s Hochglanzpressebild – sie lacht.

Man schlägt die Hände übern Kopf!

Man meint, das könne gar nicht seyn!

Im Hundeschloss erstarkt der Kropf –

lass bloß die Uschi niemals von der Leyn!

© sonja schmidt

Buon Giorno!

Weißer Nebel wunderbar,

ach, mach die Menschen pur,

es pfeift der Fink, stolz kreiselt Adebar,

von Kriegen keine Spur!

Der Bussard wacht, setzt kunstvoll seine Flanken,

bloß hier im Stadtbau kurven die Gedanken.

Erst brüllt die Bahn und dann hupt Horst –

ein Menschenstapel ist kein Forst!

Frisch ruft die Pflicht,

sie will in Lettern drechseln

und schaffen, schöpfen, Schicht um Schicht,

und ab und zu die Tinte wechseln.

Grüß Du mir Bambi, Hase, Hirsch,

vom fernen Schreibtisch

wünsch ich frohe Pirsch.          

© sonja schmidt

Dschörmenie

Ach, Deutschland, exsozialer Fleck

so scheußlich grätscht die Schere

der Euro rollt, das Netz ist leck

auf Hoffnung lastet Schwere.

Ach, Deutschland, hammerharte Fratz

die Konten voll, die Herzen leer

vom Amt faucht laut die schwarze Katz

im Western wehrt sich keiner mehr

im Ostern kontrolliert die Glatz.

Ach, Deutschland, exsozialer Staat

der mit den Fetten geht statt Guten

bei Kleinen für die Großen spart

wer kann, der wird sich sputen.

© sonja schmidt

einzig Dir

Deck mich mit weißer Liebe zu,

mein reines, feines Känguru;

endlich warm in Deinem Arm

würd ich die Friedenssegel fest verzurren,

alleine Dir mein blaues Schlaflied schnurren,

komm, lass uns zu den Sternen fliegen,

lass Tränen fallen, wie den Schnee,

lass uns salzabwärts schwimmen, hin zur See…

…mach mir Dein Herz zur Kathedrale,

hüte mit guter Hand mein Haupt,

auf dass ich nimmer mehr bezahle,

auf dass uns niemand mehr beraubt.

© sonja schmidt